NATIONALMUSEUM FÜR WESTLICHE KUNST, Garten (Rodin)
Im Folgenden erzähle ich Ihnen über einige von Rodins Arbeiten, die wir hier im Garten des Eingangsbereiches finden.
Rodin wurde 1840 in Paris geboren, und obwohl er zunächst wegen des schroffen Realismus seiner Skulpturen kritisiert wurde, war er im Laufe der Zeit so erfolgreich, dass er 1917, als er starb, der bedeutendste Bildhauer Frankreichs war. Heute gilt er als Vater der modernen Bildhauerei, denn obwohl er von klassischen, mythologischen und historischen Themen ausging, ist es ihm mit seiner außergewöhnlichen Technik der Tonformung gelungen, einen Realismus und eine psychologische und dramatische Durchdringung wie kein anderer vor ihm zu erreichen.
Beginnen wir mit der Skulptur des Adam aus dem Jahr 1881. Hier können Sie bemerken, dass die nackte Figur nicht als Abbild der Schönheit geschaffen wurde, sondern vielmehr so, als hätte Gott ihr noch kein Leben eingehaucht. Die Skulptur ist von den Werken Michelangelos beeinflusst, die Rodin während seiner Italienreise 1875 gesehen hatte.
Eine weitere berühmte Skulptur im Garten des Eingangsbereiches ist „Die Bürger von Calais“. Die bekannte Komposition mit sechs stehenden Männern, die auf das Schafott warten, lehnt sich an ein historisches Ereignis aus dem Jahre 1346 an, als Heinrich III. von England während des 100-jährigen Krieges mit Frankreich vor der Eroberung von Calais stand. Er versprach den Einwohnern, sie zu verschonen, wenn sechs von ihnen geopfert würden. In den Posen der sechs Bürger bringt Rodin die Dramatik der Situation zum Ausdruck.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist das Höllentor. 1880 wurde Rodin von der französischen Regierung beauftragt, eine Serie von Türen für das Kunstgewerbemuseum in Paris zu schaffen. Der leidenschaftliche Leser von Dante Alighieri beschloss, eine Reihe von Flachreliefs zu schaffen, die die Göttliche Komödie darstellen. In diesem Fall werden Sie jedoch feststellen, dass in seiner Schöpfung nicht die Höllenkreise Dantes wiedergegeben werden, sondern eine chaotische Welt, die mehr die Hölle des menschlichen Geistes zum Ausdruck bringt, wie sie Baudelaire in seinem Gedicht Les Fleurs du Mal beschreibt.
Achten Sie nun auf die auf dem Giebel der Tür sitzende Figur. Es handelt sich um den Denker, von dem Sie im Garten auch eine monumentale Statue finden werden. In einer weiteren Audio-Datei werde ich im Details auf sie zurückkommen.
Und noch eine Kuriosität: Rodin arbeitete 37 Jahre Höllentor; der erste Bronzeguss wurde jedoch erst nach seinem Tod angefertigt.